In der deutschen Alltags-Schriftsprache gibt es viele Wendungen, die aufwendiger sind als nötig. Damit werden sie zu Nebelkerzen, die den klaren Blick auf die Aussage verstellen.
Das Wörtchen »mit« ist als Ergänzung für verschiedene Verben ebenso gängig wie überflüssig: »mit einbeziehen«, »mit berücksichtigen«, »mit dabei sein«, »mit ins Boot holen« büßen nichts an Aussagekraft ein, wenn man es streicht. Ein Grenzfall ist »mithelfen«, hier kann sich die Bedeutung je nach Kontext durchaus etwas verändern.
Entbehrlich ist auch das »rück« in »rückerstatten« oder in »Rückantwort«, denn wohin sonst sollten beide gehen? Weitere Beispiele sind (Überflüssiges jeweils kursiv): „vorprogrammieren«, »Problemstellung« bzw. »Aufgabenstellung«, »absenken« oder »aufoktroyieren«.
Eins meiner Lieblingsthemen in diesem Zusammenhang sind die Streckverben. Statt mit einem Verb beschreiben sie einfache Tätigkeiten mit einer Konstruktion, die den Umweg über ein Substantiv nimmt: Da heißt es dann »in Rechnung stellen« statt »berechnen«, »eine Erstattung vornehmen« statt »erstatten« oder »die Umsetzung durchführen« statt »umsetzen«.
Die meisten dieser Wendungen benutzen wir unbewusst. Wenn Sie einen Text geschrieben haben, sehen Sie ihn mit etwas zeitlichem Abstand noch einmal auf genau solche Formulierungen durch. Sie werden sich wundern!
Dies ist die April-Ausgabe der »Zwei Minuten für die Sprache«, die ich an jedem ersten Freitag im Monat per Mail verschicke. Zur Anmeldung geht es hier.
40 Ausgaben der »Zwei Minuten für die Sprache« gibt es auch als Buch!
Mehr Infos dazu gibt es hier.
5 Kommentare
Das war mal wieder sehr hübsch. Da fielen mir aus meiner ex Branche gleich Technologie statt Technik und Problematik statt Problem ein. Wenn der Redner nichts zu sagen hat aber den inneren Drang von 5 Minuten Wortschwall mindestens verspürt…
Stimmt, Problematik ist auch so ein Blähwort :-) Aber wie gesagt, die meisten dieser Wörter benutzt man unbewusst.
Danke für den schönen Artikel! Da fühle ich mich gleich ertappt. Bin heute beim Schreiben eines Textes selbst über ein Wort gestolpert: »überprüfen«. Würde hier »prüfen« nicht ausreichen? Oder gibt es einen tatsächlichen Unterschied?
Herzliche Grüße,
Patrik
Ja, ganz genau – bei »überprüfen« ist das »über« in aller Regel überflüssig. In manchen Fällen lässt es sich vielleicht vertreten, wenn etwas, was schon einmal geprüft und nur leicht verändert wurde, anschließend noch einmal überprüft wird. Aber notwendig ist es nicht.
Ha – ertappt! Und zwar beim leichtfertigen Verstellen des klaren Blickes mit Nebelkerzen. Allem anderen kann ich allerdings zustimmen. :-)
Ein Trackback
[…] https://www.sprachpingel.de/allgemein/zwei-minuten-april-2014 […]